Justin Thiede hat im Sommer seine Informatik-Ausbildung abgeschlossen – im ersten Arbeitsmarkt und mit der besten Abschlussarbeit im Kanton Thurgau. Am Anfang seiner Lehre hätte damit wohl kaum jemand gerechnet.

Zu Brüggli kam Justin Thiede im Dezember 2014. Damals lebte er im Betreuten Wohnen in Romanshorn – eine Massnahme, die von der Staatsanwaltschaft verordnet wurde, nachdem er in eine Abwärtsspirale geraten war. Seine Informatik-Lehre, die er mit 16 begonnen hatte, konnte er nicht fortführen. Im Betreuten Wohnen sagte man ihm, dass er wegen seines ADHS womöglich Anspruch auf eine IV-Massnahme habe und eine Ausbildung bei Brüggli machen könnte. Justin Thiede meldete sich bei der IV an und kam für eine Abklärung zu Brüggli. «Ich hatte Mühe mit der Pünktlichkeit und auch ein Arbeitspensum von 100 Prozent war damals schwierig für mich», sagt er. Deshalb absolvierte er zunächst ein Vorbereitungsjahr in Brügglis Informatik, ehe er die Ausbildung zum Betriebsinformatiker EFZ begann.

«Etwas zu programmieren, ist wie ein logisches Rätsel, das man lösen muss.»

Während des ersten Lehrjahres hatte Justin Thiede Mühe mit den vielen Schultagen. «Ich bin damals seit einiger Zeit nicht mehr in der Schule gewesen. Daran musste ich mich erst wieder gewöhnen. Nach einem Schultag war ich immer total erschöpft», sagt er. Hinzu kamen mehrere Stunden Hausaufgaben. Damit er das schaffte, durfte er diese zum Teil im Betrieb erledigen. «Ich bin froh, dass mich Brüggli da unterstützt hat. Das war sehr hilfreich», sagt er. Im zweiten Lehrjahr merkte er, dass er selbständiger sein und mehr Verantwortung übernehmen wollte. «Ich wollte raus in den ersten Arbeitsmarkt», sagt er. Also begann er, nach einem Praktikumsplatz zu suchen – und zwar selbständig. Das war ihm wichtig. Er bekam zwar eine Liste mit möglichen Arbeitgebern, aber bewerben wollte er sich dort ohne die Unterstützung von Brüggli. Einzig beim Motivationsschreiben bekam er etwas Hilfe. «Sprachen und Schreiben sind einfach nicht mein Ding», sagt er.


Bei Brüggli arbeitete Justin Thiede oft im Support. Eigentlich interessiert er sich aber mehr für Applikations- und Webentwicklung. Tools zu programmieren, gefällt ihm sehr. «Es ist wie ein logisches Rätsel, das man lösen muss. Logisches Denken hat mir schon immer Spass gemacht», sagt er. Da kam ihm gerade recht, dass auf der Liste mit Arbeitgebern auch die Webagentur visions.ch gmbh aufgeführt war. Hier gibt es allerhand zu programmieren: Apps für iOS und Android, Newsletter-E-Mails, Webseiten, E-Shops usw. Nach einem Schnuppereinsatz wurde entschieden, dass er das dritte Lehrjahr bei Visions absolvieren durfte. Das letzte Ausbildungsjahr wollte Justin Thiede dann bei einem anderen Arbeitgeber machen. Bald merkte er aber, dass er bei Visions bleiben wollte, um sich richtig ins Fachgebiet vertiefen zu können. Durch Justin Thiede entstand so eine enge Zusammenarbeit zwischen Visions und Brüggli.

«Ich war von Anfang an ein vollwertiges Team-Mitglied.»

«Brüggli kannte ich schon davor», sagt Thomas Epple, Geschäftsführer von Visions. Er wusste also, worauf er sich einliess. Ein Hindernis war das für ihn nie. «Justins Vorgeschichte hat mich nicht interessiert. Er war von Anfang an korrekt im Umgang und hat sich mit allen gut verstanden. Ich habe ihn stets als sehr eigenverantwortlich wahrgenommen und sicher nicht als schlimmen Finger», sagt Thomas Epple lachend. Visions pflege eine offene und herzliche Kultur. Jeder werde mit seinen Fähigkeiten geschätzt. «Ich hatte nie das Gefühl, dass ich ein Praktikant bin. Ich war immer ein vollwertiges Mitglied im Team», sagt Justin Thiede. Neben der herzlichen Unternehmenskultur und dem unkomplizierten Team weise Visions auch eine grosse Vielfalt an Kunden und Projekten auf. «Ich glaube, das ist der Schlüssel zum Lernerfolg und zur Zufriedenheit», sagt Thomas Epple.

Thomas Epple, Geschäftsführer von Visions

Justin Thiede hat diesen Sommer seine Ausbildung abgeschlossen. Für seine individuelle praktische Arbeit (IPA) erhielt er eine 5,8 – das beste Ergebnis im Kanton Thurgau. Bei Visions kommunizieren die Mitarbeitenden hauptsächlich über den internen Firmenchat. Die Terminkoordination innerhalb der Firma war relativ mühsam. Wie konnte das Verbessert werden? Ein Rätsel, das Justin Thiede im Rahmen seiner IPA lösen wollte. Die zehn IPA-Tage waren anstrengend und herausfordernd, aber es hat sich gelohnt: Justin Thiede entwickelte ein Kalendertool innerhalb des Firmenchats. Nun können Termine ganz einfach im Chat verwaltet und angezeigt werden. «Die IPA war definitiv ein Höhepunkt meiner Ausbildung», sagt er. Besonders schön sei auch der Moment gewesen, als ihm Thomas Epple eine Festanstellung nach dem Ausbildungsabschluss anbot. Im Bereich Backend-Programmierung wollte Visions eine Stelle aufbauen. «Justin hat darin enorm Fortschritte gemacht und bringt viel Know-how mit. Das hat einfach gut gepasst», sagt Thomas Epple.

«Wer zeigt, dass er lernen will, erhält Möglichkeiten.»

Das benötigte Know-how erarbeitet sich Justin Thiede zum Teil auch privat. «Wenn man als Informatiker weiterkommen will, muss man ein ganzheitliches Interesse mitbringen – auch ausserhalb der Arbeitszeiten», sagt er. Es sei in gewissem Masse auch seine Aufgabe, Neues zu entdecken und in den Betrieb einzubringen. Über neue Technologien informiert er sich, indem er Videos zum Thema schaut oder Artikel darüber liest. Auch praktisch versucht er sich stets zu verbessern. So hat er privat beispielsweise schon eine Handy-App programmiert. Am liebsten mag er grössere, komplexe Projekte, bei denen das logische Denken zum Zug kommt. «Bei Visions kommen die Lösungswege auch von den Praktikanten. Das ist toll. Wenn man zeigt, dass man lernen will, erhält man viele Möglichkeiten», sagt Justin Thiede. «Wenn ein Praktikant viel Eigenleistung und Engagement mitbringt, wollen wir das fördern. Dann dauert ein Projekt halt mal etwas länger», sagt Thomas Epple. Bei Visions wird Justin Thiede gefördert und gefordert. Hier habe er erst richtig gemerkt, was ihm die Informatik wirklich bedeutet: «Seit ich bei Visions bin, weiss ich: Das ist es, das liegt und gefällt mir. Ich kann das.»


visions.ch gmbh
Die Fullservice-Webagentur aus Bischofszell wurde 2011 gegründet mit dem Ziel, regional in der Ostschweiz und auch national als kompetenter Agenturpartner Leistungen von hoher Qualität aus eigener Hand anzubieten. Neben Applikations- und Webentwicklung bietet Visions auch Lösungen im Bereich Online Marketing, Interactive Media Design, E-Commerce und vielem mehr. Zum jungen Team zählen auch mehrere Praktikanten. Thomas Epples Ziel ist, dem «brain drain» (zu Deutsch: Talentabwanderung) entgegenzuwirken, also sicherzustellen, dass das Know-how im Kanton Thurgau vorhanden bleibt.

Larissa Herzog

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