Janos Lieberherr hat mit den Folgen eines Unfalls zu kämpfen. Aufgeben kam für ihn aber nie in Frage. Inzwischen konnte er sich gut im ersten Arbeitsmarkt integrieren und ein Studium beginnen, um so eines Tages seinen Traumberuf ausüben zu können.  

Bei einer Wanderung im Wallis wurde Janos Lieberherr von einem herabfallenden Stein am Kopf getroffen. Die Kopfverletzungen des damaligen Teenagers waren so schwer, dass er noch heute mit Gedächtnisproblemen kämpft. Janos Lieberherr aber, der von allen Freunden «Jay» genannt wird, weiss sich im Alltag zu helfen. Zum Beispiel macht er sich ständig Notizen und verwendet sein Handy, um wichtige Erinnerungen abzuspeichern. 2011 begann Janos eine kaufmännische Lehre bei Brüggli. Während seiner Ausbildungszeit erhielt er Einblick in viele Abteilungen, wie etwa den «Verkauf» oder das «Finanz- und Rechnungswesen» (FRW). «Die Tätigkeiten an der Kasse und das Hantieren mit Bargeld, haben mir besonders gut gefallen», berichtet er. Positive Erfahrungen machte Janos auch in der betreuten Wohngemeinschaft. Dort genoss er vor allem die neu gewonnene Unabhängigkeit, Verantwortung zu tragen und dennoch eine Ansprechperson zu haben. Dank des Lerncoachings und der Unterstützung seiner Ausbildner, konnte er an seinen schulischen Leistungen arbeiten und lernen, mit seiner Gedächtnisstörung umzugehen. «Die Ausbildung zum Kaufmann EFZ bei Brüggli zu absolvieren, war für mich die beste Lösung», sagt Janos. Seine Berufsausbildung konnte er erfolgreich abschliessen.

Als Janos von einem Freund auf ein Integrationsprojekt der Zürcher Kantonalbank aufmerksam gemacht wurde, zögerte er nicht lange und bewarb sich. So wurde die Zürcher Kantonalbank zu seinem Arbeitgeber – und ist es bis heute. Als Büroangestellter im Bereich E-Banking, beschäftigt er sich täglich mit internen sowie externen E-Banking-Aufträgen. «Zum Beispiel sperre oder entsperre ich Verträge oder löse Login-Daten aus», erklärt er. Mit seinem Arbeitgeber hat er ein gutes Verhältnis und ist froh, Schwierigkeiten und Probleme jederzeit ansprechen zu können. Inzwischen hat er berufsbegleitend die Berufsmaturität abgeschlossen und studiert aktuell nebenberuflich «Angewandte Sprachen» an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Winterthur.

Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten

Fasziniert von anderen Ländern, Sprachen und Kulturen, würde sich Janos über ein Auslandsemester, zum Beispiel in Indien, sehr freuen. Ein Besuch in den USA würde den Schweizer aber ganz besonders reizen. «Ich kenne dort ein paar Leute und manche der Universitäten», verrät er. Vor etwas mehr als zehn Jahren nahm er an einem Austauschschuljahr in Clinton – eine kleine Ortschaft im US-Bundesstaat New York – teil. Dort besuchte er die High-School und wohnte bei verschiedenen Gastfamilien. Auf diese Weise lernte Janos viele Menschen aus aller Welt kennen. Besonders gern erinnert sich der lebenslustige Mann aus Winterthur an die Erlebnisse mit seinen Austausch-Geschwistern zurück. Zum Beispiel unternahmen sie einmal einen Ausflug nach New York und ein anderes Mal besuchten sie die weltberühmten Niagarafälle. «Dieses Austauschschuljahr war eine ganz tolle Erfahrung», erzählt Janos begeistert.

«Ich liebe diese Auftritte. Da blühe ich richtig auf.»

Nachdem der 30-Jährige seinen Bachelorstudiengang abgeschlossen hat, möchte er sich zum Übersetzer ausbilden lassen, um sich voll und ganz der Sprache hinzugeben. Die Liebe zur Sprache begleitet ihn auch in der Freizeit, denn Janos schreibt regelmässig Gedichte und Kurzgeschichten. Einen idealen Ausgleich zum Berufsalltag findet er auch beim Lesen und Singen. Das Theaterspielen bereitet ihm ebenso grosse Freude. Nur fehle ihm hierfür die Zeit. «Zudem liegt mir das Auswendiglernen von langen Texten nicht besonders», sagt er. Des Weiteren verbringt Janos seine Freizeit bei der homosexuellen Organisation Thurgau – kurz «HOT». Diese Organisation ist ein Partnerverein des Vereins «WILSCH – quer Winterthur». Auch dort ist Janos ein aktives Mitglied. Seit einigen Jahren verkleidet er sich hin und wieder als Transvestit, um alleine oder mit seinen Vereinskollegen vor Publikum aufzutreten. Dann schwingt er zu Songs von den «Spice Girls» oder «Katy Perry» das Tanzbein und singt dazu playback. Das Publikum zu unterhalten und dabei in andere Rollen zu schlüpfen, macht ihm jede Menge Spass. «Ich liebe diese Auftritte», schwärmt er, «da blühe ich richtig auf.»

Katja Wohlwend, Mitarbeiterin Aussenhandel

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